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Wirklich Verletzlich.

Seit ich mir vor einigen Jahren bewusst werden musste, dass persönliches Scheitern nicht meiner Kontrolle obliegt und sich das Leben und meine Person nicht vollständig optimieren lassen, nutze ich den Umstand meiner Unvollkommenheit, um diese publikumswirksam in den Vordergrund zu stellen.


Ich stehe offiziell zu meiner geografischen Dummheit, beleuchte unverblümt meine Schattenseiten und wenn ich mich traue eine Dame ansprechen, nutze ich die anfängliche Unsicherheit, um mit charmanten Gestammel Herzen zu erweichen.


Diese Art seine eigene Verletzlichkeit nach außen zu kehren, kommt gut an, sorgt für Lacher, entschärft angespannte Situationen und ist generell sehr zu empfehlen, will man seinem Gegenüber authentisch begegnen, anstatt lediglich die eigene Großartigkeit zu untermauern.


Aus meiner jetzigen Perspektive, wirkt sie jedoch wie eine Maskerade, auch wenn der Schleier die ungeschminkte Wahrheit bereits durchscheinen lies.

Seit ich regelmäßig Metta praktiziere, brauche ich meine Verletzlichkeit nicht mehr demonstrieren, denn sie lässt sich kaum mehr verbergen.


Momente, in denen es mir nicht mehr gelingt, sie gesellschaftstauglich auszuschlachten oder in Schranken zu weisen, sondern unweigerlich durchscheint, dass ich mich gerade ängstlich, wertlos oder einsam fühle. Das ängstigt und befreit mich gleichermaßen.


In diesen Momenten brauche ich meine Unsicherheit nicht mit einem witzigen Spruch auflockern, Sprachlosigkeit mit Lächeln kaschieren oder meine Dummheit als Anekdote verpacken. Ich bin verletzlich in meiner Unvollkommenheit als Mensch.


Gleichzeitig ist die große Unsicherheit, die mit dieser Art der unkontrollierten Verletzlichkeit einher geht, für mich ungewohnt und beängstigend.

Während alles in mir nach Taktiken verlangt, um möglichst schnell die Kontrolle zurück zu erlangen, weiß ich, dass es darum geht, auch die Unsicherheit als weiteren Schritt, auf dem Weg zum offenen Herzen, anzunehmen.


So hatte ich mir meine Metta-Praxis nicht vorgestellt. Glaubte ich doch bis jetzt, auch weiterhin darüber zu bestimmen, wie weit sich mein Herz öffnet – das weise Herz jedoch, öffnet sich ungefragt.


Hast Du den Mut, das Herz zu öffnen und Dich verletzlich zu zeigen? Ich empfehle Dir meine Mini-Metta-Meditation, auf Insight Timer, die Du kostenlos anhören kannst.


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